
Irgendwann zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr beginnen viele Kinder, ihren Körper neugierig zu erkunden. Sie fragen sich, warum andere Kinder anders aussehen, wie Körperteile funktionieren – und nicht selten landet diese Neugier in einem sogenannten Doktorspiel.
Immer wieder fragen mich Eltern im Coaching um Rat, wenn sich ihr Kind mit einem Freund oder einer Freundin ins Kinderzimmer zurückzieht und es plötzlich ungewohnt leise ist. Und wenn sie dann irgendwann nachschauen und beide Kinder mit heruntergelassener Hose im Zimmer sitzen.
„Mama, wir spielen Doktor!“ – Für manche klingt das harmlos, für andere löst es Verunsicherung oder Sorge aus. Ist das normal in diesem Alter? Soll ich Doktorspiele zulassen? Muss ich eingreifen?
Keine Panik – doktorspiele sind normal
Doktorspiele sind eine ganz normale Phase der kindlichen Entwicklung, in der sie ihren eigenen Körper und den der anderen erkunden. Sie sind Ausdruck von kindlicher Neugier – nicht von Sexualität im erwachsenen Sinne. Kinder imitieren Situationen, die sie erlebt haben (wie Arztbesuche), erforschen Unterschiede und testen spielerisch soziale Rollen.
Wichtig: Es geht nicht um Lust oder Erotik, sondern um kindliche Fragen wie „Was ist das?“ und „Wieso sieht das bei dir anders aus?“. Es geht um das Entdecken und Verstehen – und das kann für Kinder genauso spannend sein wie das Entdecken des Weltalls.
Wann ist es harmlos – und wann nicht mehr?
Typische Merkmale von unbedenklichen Doktorspielen:
- Die Kinder sind etwa gleich alt und körperlich ähnlich stark
- Das Spiel ist freiwillig und gleichberechtigt
- Es geschieht aus Neugier – nicht aus Zwang oder mit Machtgefälle
- Es dauert meist nur kurz und wirkt nicht heimlich-versteckt aus Angst, entdeckt zu werden
Bedenklich kann es werden, wenn:
- Ein Kind deutlich älter oder übergriffig ist
- Das Spiel regelmäßig heimlich oder zwanghaft wird
- Ein Kind sich unwohl fühlt oder überfordert wirkt
Soll ich mein Kind fragen, was es macht?
Wenn du ruhig und entspannt fragst, ist das sogar gut – es signalisiert deinem Kind, dass du immer ein offenes Ohr hast. Eine lockere, neugierige Frage kann helfen, das Vertrauen zu stärken:
„Was habt ihr da gespielt?“
„Wie seid ihr auf die Idee gekommen?“
Und keine Sorge: wenn du deinem Kind nicht das Gefühl gibst, es müsse sich rechtfertigen oder etwas „verbotenes“ erklären, dann wird es dir auch zukünftig offen und mit Vertrauen begegnen.
WaNN ziehe ich als Elternteil Grenzen?
Eltern dürfen und sollen liebevolle Grenzen setzen. Formulierungen wie:
„Ihr dürft gerne Doktor spielen, solange sich alle dabei wohlfühlen.“
oder
„Es ist spannend, deinen Körper zu entdecken. Aber wenn dir etwas unangenehm ist, hörst du sofort auf.“
vermitteln deinem Kind: „Du darfst neugierig sein, aber achte darauf, niemanden zu verletzen oder zu bedrängen.“
Muss ich die anderen Eltern informieren?
Nicht zwingend – wenn das Spiel harmlos war und beide Kinder sich wohlgefühlt haben, gibt es keinen Grund, gleich die Alarmglocken zu läuten. Wenn du aber unsicher bist, kann ein ruhiges, respektvolles Gespräch mit den anderen Eltern helfen. Du kannst sagen: „Hey, übrigens, unsere Kinder haben heute Doktor gespielt. Nur, dass ihr Bescheid wisst. Alles war okay, aber ich wollte es kurz erwähnt haben.“
Wie kann ich mein Kind in dieser Phase gut begleiten?
- Reagiere nicht schockiert – das macht Kinder oft erst unsicher
- Zeige Interesse und bleibe entspannt – dein Kind wird es merken, dass du da bist, um zu helfen, nicht um zu schimpfen.
- Benenne Körperteile ruhig und korrekt – das sorgt für Klarheit und eine entspannte Atmosphäre, wenn es später noch Fragen gibt.
- Vermittle altersgerecht Körpergrenzen. („Dein Körper gehört dir“) Denn auch die kleinsten Entdecker brauchen ein bisschen Führung.
Fazit: Entspannt bleiben – das ist Teil des Spiels!
Doktorspiele sind kein Grund zur Sorge – sondern ein Zeichen dafür, dass dein Kind sich selbst und andere kennenlernen will. Deine Aufgabe ist nicht, alles zu kontrollieren, sondern einen sicheren Raum zu schaffen, in dem Fragen erlaubt sind und Grenzen liebevoll erklärt werden.
Oder kurz gesagt:
Bleib ruhig. Vertrau deinem Kind. Und sei da, wenn’s was zu besprechen gibt. 😊
Wenn du gerade das Gefühl hast, dass dich das Thema mehr beschäftigt als gedacht – oder wenn du dir Unterstützung im Umgang mit solchen Situationen wünschst – dann melde dich gern. In meinem Coaching begleite ich Eltern dabei, ruhig und sicher mit herausfordernden Fragen rund um kindliche Entwicklung und Erziehung umzugehen.
Manchmal tut es einfach gut, mit jemandem zu sprechen, der zuhört und Orientierung bietet.
👉 Mehr über meine Arbeit findest du hier: https://kinder-leicht-erziehen.de/coaching/